Ruhezeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Vorzeitige Beendigung der Ruhezeiten von Grabstätten


Einige Opfer von sexuellen Missbrauch fordern, dass das Grab des Täters unverzüglich eingeebnet wird, ohne Rücksicht auf die Ruhezeit. Eine solche Forderung ist nicht nachzuvollziehen, denn vom Grab geht keine Gefahr für die Opfer aus. Von einem Grab kommt niemand mehr zurück, von einem Gefängnis sehr wohl. Damit fordern die Opfer von sexueller Missbrauch mit der Auflösung des Grabes ihrer Täter mehr, als die Rechtssprechung vorsieht, Sie fordern damit nach dem Tod der Täter das, was sie während deren Lebzeiten nicht erreichen können, die Damnatio memoriae (Verdammung des Andenkens).


Mit dieser Forderung verlassen diese Opfer unser Rechtssystem und unsere Kultur, die auch den Straftätern und Verbrechern noch Menschenwürde zugesteht. Diese drückt sich auch darin aus, dass wir diesen Menschen nach ihrem Tod ein Grab mit ihrem Namen geben. Dies erfolgte auch mit Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Enslin, der Führungsspitze der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), die am 18.10.1977 nach der Befreiung der Passagiere der Lufthansa-Maschine „Landshut“ kollektiven Selbstmord beging. Ihre Grabstätte existiert nach 45 Jahren noch immer.
=== Vorzeitige Beendigung der Ruhezeiten von Grabstätten ===
 
Einige Opfer von sexuellen Missbrauch fordern, dass das Grab des Täters unverzüglich eingeebnet wird, ohne Rücksicht auf die Ruhezeit. Eine solche Forderung ist nicht nachzuvollziehen, denn vom Grab geht keine Gefahr für die Opfer aus. Von einem Grab kommt niemand mehr zurück, von einem Gefängnis sehr wohl. Damit fordern die Opfer von sexueller Missbrauch mit der Auflösung des Grabes ihrer Täter mehr, als unser Rechtssystem vorsieht, Sie fordern damit nach dem Tod der Täter das, was sie während deren Lebzeiten nicht erreichen können, die Damnatio memoriae ([[Verdammung des Andenkens]]).
 
Mit dieser Forderung verlassen diese Opfer unser Rechtssystem und unsere Kultur, die auch den Straftätern und Verbrechern noch Menschenwürde zugesteht. Diese drückt sich auch darin aus, dass wir diesen Menschen nach ihrem Tod ein Grab mit ihrem Namen geben. Dies erfolgte auch mit Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Enslin, der Führungsspitze der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), die am 18.10.1977 nach der Befreiung der Passagiere der Lufthansa-Maschine „Landshut“ kollektiven Suizid beging. Ihre Grabstätte existiert nach 45 Jahren noch immer.


Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist die Rede von Oberbürgermeister Manfred Rommel, in der er sagte: "Mit dem Tod muss alle Feindschaft enden".<ref name="o">Frank Buchmeier: Endstation Dornhaldenfriedhof. In: Stuttgarter Zeitung (30.12.2012) Nach: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.deutscher-herbst-1977-endstation-dornhaldenfriedhof.81fada0e-072e-473a-b8a1-edfd4345c65f.html Zugriff am 06.06.2022.</ref>
Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist die Rede von Oberbürgermeister Manfred Rommel, in der er sagte: "Mit dem Tod muss alle Feindschaft enden".<ref name="o">Frank Buchmeier: Endstation Dornhaldenfriedhof. In: Stuttgarter Zeitung (30.12.2012) Nach: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.deutscher-herbst-1977-endstation-dornhaldenfriedhof.81fada0e-072e-473a-b8a1-edfd4345c65f.html Zugriff am 06.06.2022.</ref>
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Die gleiche Haltung drückte Eduard Kreer aus, der bis 1992 auf diesem Stuttgarter Friedhof arbeitete. Er wurde häufig von Journalisten gefragt: „Wo sind die Terroristen begraben?“ Er antwortete stets: „Terroristen gibt es hier nicht, nur Tote.“<ref name="o"></ref>
Die gleiche Haltung drückte Eduard Kreer aus, der bis 1992 auf diesem Stuttgarter Friedhof arbeitete. Er wurde häufig von Journalisten gefragt: „Wo sind die Terroristen begraben?“ Er antwortete stets: „Terroristen gibt es hier nicht, nur Tote.“<ref name="o"></ref>


Die Rechte der Opfer enden dort, wo die Rechte der Täter beginnen. In ihrer grenzenlosen Wut steht es den Opfern (sexueller Gewalt) nicht zu, eine vorzeitige Auflösung des Grabes ihres Täters zu fordern. Damit werden die Opfer selbst zum Täter.<ref group="Anm.">Der Verfasser weiß von Opfer sexueller Gewalt, die auf die Gräber ihrer Täter urinieren. Dies dürfte den Tatbestand der Grabschändung erfüllen.</ref> Sie vergehen sich damit an der Würde des Toten und der Kultur, in der wir leben. Sie vergehen sich auch an dem Grundrecht der Gleichheit.<ref group="Anm.">Baader, Raspe und Enslin haben nach 45 Jahren noch immer eine gepflegte Grabstättte.</ref>
Die Rechte der Opfer enden dort, wo die Rechte der Täter beginnen. In ihrer grenzenlosen Wut steht es den Opfern (sexueller Gewalt) nicht zu, eine vorzeitige Auflösung des Grabes ihres Täters zu fordern. Damit werden die Opfer selbst zum Täter.<ref group="Anm.">Der Verfasser weiß von Opfer sexueller Gewalt, die auf die Gräber ihrer Täter urinieren. Dies dürfte den Tatbestand der Grabschändung erfüllen.</ref> Sie vergehen sich damit an der Würde des Toten und der Kultur, in der wir leben. Sie vergehen sich auch an dem Grundrecht der Gleichheit.<ref group="Anm.">Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin haben nach 45 Jahren noch immer eine gepflegte Grabstättte.</ref>


Täterschutz und Opferschutz sollten daher die Gesellschaft wie auch die Justiz in gleicher Weise im Blick haben. Bei allem Unrecht, was die Opfer zu erleiden hatten, darf es nicht geschehen, dass Opfer das Recht brechen und damit selbst zum Täter werden.  
Täterschutz und Opferschutz sollten daher die Gesellschaft wie auch die Justiz in gleicher Weise im Blick haben. Bei allem Unrecht, was die Opfer zu erleiden hatten, darf es nicht geschehen, dass Opfer das Recht brechen und damit selbst zum Täter werden.  


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In den letzten Jahren wurden einige Gräber von verstorbenen Sexualstraftätern eingeebnet. Dazu gehören:
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* Heinz Booms († 2004), eingeebnet 2022, Totenruhe bis 2029<ref>https://www.katholisch.de/artikel/42241-nach-missbrauchsvorwuerfen-grab-von-priester-in-hamm-eingeebnet </ref>
* Herbert Jungnitsch († 1971), eingeebnet 2021, Totenruhe abgelaufen<ref>https://www.kirche-und-leben.de/artikel/grab-von-missbrauchspriester-in-sachsen-soll-eingeebnet-werden/print.html </ref>
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Version vom 25. November 2022, 20:59 Uhr


Vorzeitige Beendigung der Ruhezeiten von Grabstätten

Einige Opfer von sexuellen Missbrauch fordern, dass das Grab des Täters unverzüglich eingeebnet wird, ohne Rücksicht auf die Ruhezeit. Eine solche Forderung ist nicht nachzuvollziehen, denn vom Grab geht keine Gefahr für die Opfer aus. Von einem Grab kommt niemand mehr zurück, von einem Gefängnis sehr wohl. Damit fordern die Opfer von sexueller Missbrauch mit der Auflösung des Grabes ihrer Täter mehr, als unser Rechtssystem vorsieht, Sie fordern damit nach dem Tod der Täter das, was sie während deren Lebzeiten nicht erreichen können, die Damnatio memoriae (Verdammung des Andenkens).

Mit dieser Forderung verlassen diese Opfer unser Rechtssystem und unsere Kultur, die auch den Straftätern und Verbrechern noch Menschenwürde zugesteht. Diese drückt sich auch darin aus, dass wir diesen Menschen nach ihrem Tod ein Grab mit ihrem Namen geben. Dies erfolgte auch mit Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Enslin, der Führungsspitze der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), die am 18.10.1977 nach der Befreiung der Passagiere der Lufthansa-Maschine „Landshut“ kollektiven Suizid beging. Ihre Grabstätte existiert nach 45 Jahren noch immer.

Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist die Rede von Oberbürgermeister Manfred Rommel, in der er sagte: "Mit dem Tod muss alle Feindschaft enden".[1]

Der evangelische Pfarrer Bruno Streibel, der die Beerdigung leitete, sagte: "Jeder Mensch hat eine unzerstörbare Würde, unabhängig davon, ob er tugendhaft oder kriminell ist."[1]

Die gleiche Haltung drückte Eduard Kreer aus, der bis 1992 auf diesem Stuttgarter Friedhof arbeitete. Er wurde häufig von Journalisten gefragt: „Wo sind die Terroristen begraben?“ Er antwortete stets: „Terroristen gibt es hier nicht, nur Tote.“[1]

Die Rechte der Opfer enden dort, wo die Rechte der Täter beginnen. In ihrer grenzenlosen Wut steht es den Opfern (sexueller Gewalt) nicht zu, eine vorzeitige Auflösung des Grabes ihres Täters zu fordern. Damit werden die Opfer selbst zum Täter.[Anm. 1] Sie vergehen sich damit an der Würde des Toten und der Kultur, in der wir leben. Sie vergehen sich auch an dem Grundrecht der Gleichheit.[Anm. 2]

Täterschutz und Opferschutz sollten daher die Gesellschaft wie auch die Justiz in gleicher Weise im Blick haben. Bei allem Unrecht, was die Opfer zu erleiden hatten, darf es nicht geschehen, dass Opfer das Recht brechen und damit selbst zum Täter werden.


Anhang

Anmerkungen

  1. Der Verfasser weiß von Opfer sexueller Gewalt, die auf die Gräber ihrer Täter urinieren. Dies dürfte den Tatbestand der Grabschändung erfüllen.
  2. Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin haben nach 45 Jahren noch immer eine gepflegte Grabstättte.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Frank Buchmeier: Endstation Dornhaldenfriedhof. In: Stuttgarter Zeitung (30.12.2012) Nach: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.deutscher-herbst-1977-endstation-dornhaldenfriedhof.81fada0e-072e-473a-b8a1-edfd4345c65f.html Zugriff am 06.06.2022.