Justizirrtum

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Justizirrtümer in Deutschland

Hier einige Beispiele von Verurteilungen von Männern, denen vorgeworfen wurden, eine Frau bzw. ein Mädchen vergewaltigt zu haben:

  • 1994 wurde Bernhard M. von der damals 18-jährige Schülerin Amelie (Name von Journalisten und Buchautoren geändert) wegen Vergewaltigung angeklagt und vom Landgericht Osnabrück, wie schon zuvor der Vater von Amelie, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Doch Bernhard M. war infolge einer Hirnhautentzündung im Säuglingsalter zu einer stabilen Erektion und damit zum Geschlechtsverkehr unfähig. Die Gerichtsreporterin Sabine Rückert konstatierte einen zweifachen Justizirrtum. In der Folge wurden in beiden Fällen Wiederaufnahmen beantragt. Bernhard M. wurde 2005 nach einem Verfahren "gegen die offene Empörung der niedersächsischen Richterschaft und gegen den erbitterten Widerstand der Staatsanwaltschaft Oldenburg" wegen erwiesener Unschuld freigesprochen.[1][Anm. 1]
  • 2001 wurde Horst Arnold von seiner Arbeitskollegin Heidi K. der Vergewaltigung bezichtigt, die er am 28.08.2001 in einem Vorbereitungsraum für Biologie in einer Pause begangen haben sollte. Arnold bestritt den Tatvorwurf. Er wurde in Untersuchungshaft genommen und am 24.06.2002 von der 12. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Eine Revision gegen das Urteil wies der Bundesgerichtshof am 13.12.2002 als „offensichtlich unbegründet“ zurück. Arnold musste die gesamte Haftstrafe verbüßen, da er die ihm zur Last gelegte Tat weiterhin bestritt und sich weigerte, sich in einer Therapiegruppe für Sexualstraftäter damit auseinanderzusetzen. Erst nach seiner Haftentlassung fiel der Frauenbeauftragten der Schule, Anja Keinath (die zuvor Heidi K. im Prozess unterstützend zur Seite gestanden hatte), auf, dass sich das vermeintliche Opfer mehr und mehr in Widersprüche und Lügen verstrickte, die nicht nur den Fall Horst Arnold betrafen. Mit diesen Erkenntnissen erwirkte Lierow 2008 ein Wiederaufnahmeverfahren am Landgericht Kassel,[9] das am 5. Juli 2011 mit einem Freispruch für Horst Arnold wegen erwiesener Unschuld endete. Auch die Staatsanwaltschaft hatte auf Freispruch plädiert. Dennoch wurde Arnold keine angemessene Haftentschädigung gezahlt. Eine Wiedereingliederung in seinen Beruf als Lehrer wurde ihm verwehrt. Am 29.06.2012 fand man Arnold unweit seiner Wohnung auf offener Straße tot aufgefunden. Er erlag einem Herzinfarkt. Am selben Tag beschloss die Staatsanwaltschaft Darmstadt, Anklage gegen Heidi K. wegen Freiheitsberaubung zu erheben.[2]
  • 2001 wurde Thomas Ewers von Claudia K., seiner früheren Lebensgefährtin, angezeigt und der zweifachen Vergewaltigung 1997 und 2001 beschuldigt. Die beiden hatten zuvor eine langjährige Beziehung gehabt, aus der eine gemeinsame Tochter (* 1992) stammte. Claudia K. lebte inzwischen in einer neuen Beziehung mit David K. und hatte gegen Ewers ein Kontaktverbot mit dem Kind erwirkt, mit dem dieser sich nicht abfinden wollte. Ewers bezeichnete die Vorwürfe vor dem Landgericht Dortmund als Lügen. Nachdem Claudia K. nicht sagen konnte, wann die Taten 1997 genau passiert sein sollten, beantragte Ewers ein Glaubwürdigkeitsgutachten. Die Kammer lehnte dies jedoch ab. Ewers wurde 2002 nach 4 Verhandlungstagen wegen Vergewaltigung und Freiheitsberaubung in erster Instanz zu 7 Jahren und 2 Monaten Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof verneinte in seiner Revisionsentscheidung den Tatbestand der Freiheitsberaubung und reduzierte die Strafe 2003 auf 6 Jahre und 8 Monate. Ewers musste die Strafe vollständig absitzen, da er weiterhin seine Unschuld beteuerte und deshalb als nicht kooperationsbereit eingestuft wurde. Auch an der Beerdigung seiner Mutter während der Haftzeit durfte er nicht teilnehmen.
    Kurz nach Ewers’ Haftentlassung gab Claudia K. nach Gesprächen mit der gemeinsamen Tochter 2010 in einem Brief zu, die Vergewaltigungsvorwürfe frei erfunden zu haben. Ewers übergab den Brief der Staatsanwaltschaft, die 2011 Anklage gegen Claudia K. wegen mittelbarer Freiheitsberaubung und gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten David K. wegen Anstiftung dazu erhob. Der Prozess fand erst 2014 statt. Claudia K. sagte aus, Ewers habe sie misshandelt, jedoch nicht vergewaltigt. Die Anzeige wegen Vergewaltigung sei eine Idee ihres damaligen Lebensgefährten gewesen, der auch die sexuellen Übergriffe inszeniert habe, nachdem Ewers den beiden über längere Zeit nachgestellt habe. Sie habe nur mit einer Bewährungsstrafe für Ewers gerechnet. David K. erklärte, sie habe ihm erzählt, tatsächlich vergewaltigt worden zu sein. Deshalb habe er zur Anzeige geraten. Die Tochter von Ewers und Claudia K. sagte aus, ihr neuer Lebensgefährte habe regelmäßig Drogen genommen und Mutter und Tochter fast täglich geschlagen. Sie habe als erste den Vergewaltigungsvorwurf hinterfragt und durch Gespräche mit ihrer Mutter die Aufklärung in Gang gebracht.[3]
  • 2002 wurde einem Ehepaar von der Tochter vorgeworfen, sie mehrfach sexuell vergewaltigt zu haben. Das Ehepaar saß darauf hin in U-Haft. Die 1. Große Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Dr. Günther Saur sah nach der Beweislage in den Akten und eingehenden Zeugenbefragungen keinen dringenden Tatverdacht und setzte den Haftbefehl außer Vollzug. Erhebliche Zweifel an den Angaben des angeblichen Opfers waren dabei ausschlaggebend. Die Ankläger legten beim übergeordneten Oberlandesgericht Beschwerde gegen die Entscheidung aus Hanau ein. Ohne weitere Vernehmungen entschied der dortige Senat nach Aktenlage, dass der Haftbefehl wieder vollzogen wird. Das Paar wurde zum zweiten Mal eingesperrt. Beim erneuten Haftprüfungstermin vor der 1. Großen Strafkammer kam es zum Streit zwischen Richtern und Staatsanwaltschaft. Die Kammer sah erneut keinen zwingenden Grund für die Untersuchungshaft und setzte das inzwischen angeklagte Paar wieder auf freien Fuß. Eingehende Gutachten dauerten lange, eine U-Haft und damit eine Beschädigung des Ansehens seien nicht zu verantworten, so der Kammervorsitzende. Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft beim OLG Beschwerde ein und die drei Berufsrichter wurden mit einem Befangenheitsantrag konfrontiert, ein juristisches Mittel, das sonst nur von den Verteidigern genutzt wird. Wiederum entschied der OLG-Senat: Der Befangenheitsantrag wird durchgesetzt, die Angeklagten müssen zum dritten Mal hinter Gitter. Dann wurden die ersten vorläufigen Ergebnisse der Gutachten bekannt. Drei Expertinnen hatten die 20-Jährige untersucht und ebenfalls erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen. Daraufhin stellte nun die Staatsanwaltschaft den Antrag, die U-Haft auszusetzen.[4]
  • Der Bundeswehrbeamte Norbert Kuß saß 2 Jahre unschuldig in Haft, verurteilt wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs seiner Pflegetochter. Eine Gutachterin hatte die Aussagen des lernbehinderten Mädchens als "mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft" eingestuft. Später kam heraus: Das Gutachten wies erhebliche Mängel auf, nun wurde die Gutachterin zu einer Strafzahlung in Höhe von 60.000 Euro verurteilt. Der Rechtspsychologe Max Steller hatte Kuß' Erstgutachten im Auftrag des Saarländischen Oberlandesgerichts überprüft und "erhebliche ergebnisrelevante Mängel" festgestellt.[5]
  • 2016 wurde der achtfache Familienvater Thomas Biermann (Name v. d. Red. geändert) wegen Vergewaltigung seiner Ehefrau verurteilt. Es saß 6,5 Jahre in der Justizvollzugsanstalt Butzbach ein. Das Landgericht Darmstadt hatte es als bewiesen angesehen, dass Biermann zweimal seine Ehefrau vergewaltigt hatte. Das Kasseler Landgericht sprach ihn in einem aufwendigen Wiederaufnahmeverfahren frei. In dem auf 50 Seiten begründeten Freispruch attestiert das Landgericht Kassel der geschiedenen Frau von Biermann, in dem Verfahren in Darmstadt mehrfach aus Kalkül gelogen zu haben. Sie habe sich dabei von Eifersucht und finanziellen Vorteilen leiten lassen. Weil er in einem der beiden Vergewaltigungsprozesse vor dem Landgericht Darmstadt ein einsilbiges falsches Geständnis - Biermann gab es nach mehreren Monaten Untersuchungshaft und nur wenigen Minuten Bedenkzeit ab - abgelegt hatte, verwehrt ihm das Landgericht Kassel nun aber für einen Teil seiner verbüßten Haft jegliche Entschädigung. „Lediglich eine sogenannte immaterielle Haftentschädigung steht meinem Mandaten zu“, erklärt sein Anwalt. Das Landgericht Darmstadt stellte ihn damals vor die Wahl: Entweder 5-6 Jahre Haft – oder 2 Jahre und 11 Monate plus der Aussicht auf vorläufige Haftverschonung und die Chance, seine Kinder sehen zu können. „Solche falschen Geständnisse werden provoziert, wenn die Schere für eine Bestrafung mit oder ohne Geständnis sehr weit auseinandergeht“, kritisiert Lierow, der auch dem wegen Vergewaltigung zu Unrecht verurteilten Lehrer Horst Arnold zu später Gerechtigkeit verholfen hatte.[6]


Kurze Übersicht:

  • Wolfgang J. wurde vom Landgericht Koblenz zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, weil er 1985 eine Schülerin vergewaltigt und ermordet haben soll. Er saß dafür 29 Monate in Untersuchungshaft. Eine DNA-Analyse, um die er selbst kämpfen musste, brachte dann die Wahrheit ans Licht. Die Zeugenaussagen, die ihn in Haft brachten, stellten sich als falsch heraus. Diese waren ein Racheakt der Familie seiner Lebensgefährtin, nachdem Wolfgang J. deren Onkel wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs seiner Partnerin angezeigt hatte. J. wurde 1988 freigesprochen.[7]
  • Richard Simmons wurde 1986 mit dem Tatvorwurf Vergewaltigung und Mord vom Landgericht Bielefeld zu 15 Jahre Haft verurteilt. Er verbüßte davon 8,5 Jahre. Eine nachträgliche DNA-Analyse ergab, dass er nicht der Täter gewesen sein konnte. Simmons wurde 1994 in einem Wiederaufnahmeverfahren wegen erwiesener Unschuld nachträglich freigesprochen.[7]
  • 1993 wurde Anton Windhager vom Landgericht Weiden wegen Vergewaltigung verurteilt. Anton Windhager saß infolge einer Falschaussage eines 13-jährigen Mädchens drei Jahre und vier Monate unschuldig im Gefängnis. Ein Wiederaufnahmeantrag scheiterte 1994. Windhagers Anwalt warf den Ermittlern und dem Gericht eklatante Fehler vor. So war dem Mädchen bereits vor der Gegenüberstellung ein Foto von Windhager gezeigt worden. Überdies hätte die mit einem Glaubwürdigkeitsgutachten beauftragte Gutachterin besser befragt werden müssen, zumal diese später einräumte, dass das Mädchen den Täter verwechselt haben könnte. 1999 erfuhr Windhager, dass das inzwischen erwachsene Mädchen seine frühere Aussage widerrufen hatte. Nicht Windhager (genannt Toni) habe sie vergewaltigt, sondern der damalige Freund ihrer Mutter. Weil er ihr mit Gewalt gedroht habe, falls sie die Wahrheit sagen sollte, erfand sie den „Toni aus dem Nachbarort“. Ende 2000 wurde Windhager nachträglich freigesprochen.[7]
  • 1995 wurde Adolf S. vom Landgericht Osnabrück wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung seiner Tochter zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. 1996 wurde auch der Onkel der Tochter, Bernhard M., wegen des gleichen Vorwurfs zu einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt. Es gab keine Geständnisse, Zeugenaussagen von Dritten oder andere Beweise – nur die Beschuldigungen eines 18-jährigen Mädchens, das sich später als psychisch krank herausstellte. Überdies wurde ein Gutachten vom Gericht ignoriert, ebenso wie gewichtige Indizien, z. B. ein noch intaktes Hymen der 18-Jährigen. Nach vollständiger Verbüßung der Haftstrafen konnte die Gerichtsreporterin Sabine Rückert ein Wiederaufnahmeverfahren erwirken. Dieses endete mit Freisprüchen für beide.[7]
  • 1996 wurde Dieter Gill vom Landgericht Kempten wegen Vergewaltigung seiner 10-jährigen Tochter zu der Haftstrafe verurteilt worden. Er saß infolge einer Falschaussage seiner Tochter 7 Jahre im Gefängnis. Die Tochter hatte nach vollständiger Verbüßung seiner Haft gestanden, dass sie seinerzeit mit ihren Tatvorwürfen gelogen hatte. 2013 wurde Gill in einem Wiederaufnahmeverfahren nachträglich freigesprochen.[7]
  • 1999 wurde ein evangelischer Pfarrer vom Landgericht Mosbach wegen sexellen Missbrauchs dreier geistig behinderter Frauen verurteilt. Der Freispruch erfolgte 2003 nach vierjährigem Kampf.[8] Nur aus Frustration und Geltungsbedürfnis heraus habe die erste Zeugin im April 1998 von einem vermeintlichen sexuellen Übergriff berichtet.[4]
  • 2000? Eine Polizistin behauptet vergewaltigt worden zu sein. Obwohl sie von Anfang an im Verdacht stand, eine Straftat vorzutäuschen, wird J. in Untersuchungshaft genommen. Freispruch nach 5 Monaten Untersuchungshaft.[8]
  • Im Februar 1999 wurde in Düsseldorf eine Frau vergewaltigt. Nach mehr als 5,5 Jahren wurde Ivan K. wegen einer Einbruchsserie in Süddeutschland verhaftet. Seinee DNA stimmte scheinbar mit den genetischen Merkmalen des Düsseldorfer Vergewaltigers überein. K. saß daraufhin 2 Monate in Untersuchungshaft bis ihn eine 2. DNA-Anakys entlastete.[8]
  • 2002 wurde Horst Arnold wegen Vergewaltigung einer Arbeitskollegin vom Landgericht Darmstadt zu 5 Jahren Haft verurteilt. Grundlage der Verurteilung war die Aussage des angeblichen Opfers Heidi K., die sich später als frei erfunden herausstellte. Nachdem Heidi K. später vielfach durch abwegige Erzählungen aufgefallen war, kam es 2011 in einem Wiederaufnahmeverfahren zum Freispruch. Arnold hatte zu diesem Zeitpunkt die Haftstrafe bereits vollständig verbüßt. Wenige Monate nach dem Freispruch starb Arnold an einem Herzinfarkt. Heidi K. wurde 2013 wegen Freiheitsberaubung zu einer Haftstrafe von 5,5 Jahren verurteilt.[7]
  • 2002 wurde ein Automechaniker (23) und sein Freund (21) von der Jugendstrafkammer zu 6 und 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Mit vorgehaltenem Messer sollen die beiden jungen Männer zwei junge Frauen im August 2001 eine ganze Nacht lang zu einer Sex-Party in ihrer Wohnung am Fahrenheitweg in Wersten gezwungen haben. Die Angeklagten hatten von Anfang an jede Gewalthandlung bestritten und betont, die angeblichen Opfer hätten freiwillig mitgemacht. In dem neu aufgerollten Prozess wurde als neuer Zeuge ein Kioskbesitzer vernommen. Er bestätigte, dass die beiden Frauen am nächsten Morgen bei ihm eine Flasche Whisky gekauft hätten. Beide seien "gut drauf" gewesen. Wenig später hatten sie die Polizei gerufen und behauptet, sie seien vergewaltigt worden. Da eines der vermeintlichen Opfer unauffindbar für das Gericht blieb, konnten sich die Richter nur einen persönlichen Eindruck von der zweiten jungen Frau machen. Sie verwickelte sich als einzige Belastungszeugin jedoch derart in Widersprüche, dass der Staatsanwalt am Ende den Freispruch forderte. Für die zu Unrecht entzogene Freiheit erhalten die Männer vom Staat eine Entschädigung von 10 Euro pro Tag, insgesamt 7.200 Euro pro Person.[8]
  • 2003 setzte die Polizei Nach über zweimonatiger Untersuchungshaft in Bayern einen vermeintlichen Vergewaltiger auf freien Fuß und das angebliche Opfer festgenommen. Wie die Traunsteiner Polizei mitteilte, hatte die Familie der 27-jährigen Altöttingerin den 64-jährigen Mann erpresst: Gegen die Zahlung mehrerer tausend Euro sollten die falschen Anschuldigungen fallen gelassen werden. Bei einer Geldübergabe wurde die Frau festgenommen. Sie gab zu, die Vergewaltigung frei erfunden zu haben.[8]
  • 2003 wurde ein Mann wegen einer angeblich in Jahr 1995 begangener Vergewaltigung in Untersuchungshaft genommen. Laut einer 2002 durchgeführter DNA-Untersuchung war er der Täter. Eine vom Anwalt durchgesetzte 2. DNA-Analyse beweist seine Unschuld.[8]
  • 2004 wurde Ralf Witte vom Landgericht Hannover zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, aufgrund von Aussagen der 15-jährigen Jennifer, wonach er sie gemeinsam mit ihrem Vater vergewaltigt haben soll. Aufgrund etlicher Unstimmigkeiten und nachdem das vermeintliche Opfer, das am Borderline-Syndrom leiden soll, später weitere unglaubhafte Geschichten zu Protokoll gegeben hatte, kam es zu einem Wiederaufnahmeverfahren. Dieses endete mit einem Freispruch, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre neuen Erkenntnisse bezüglich Jennifer zunächst jahrelang für sich behalten und Witte bereits 5 Jahre seiner Haft verbüßt hatte.[7]
  • 2004 wurde Herbert Becker vom Landgericht Halle wegen Vergewaltigung seiner Tochter zu der Haftstrafe verurteilt worden. Er saß infolge einer Falschaussage seiner Tochter 7,5 Jahre im Gefängnis. Das Gericht vertraute auf die eigene Fachkompetenz sowie die Angaben der Ärzte und verzichtete auf eine aussagepsychologische Begutachtung der Tochter. Erst als die Tochter in den folgenden Jahren weitere Männer der Vergewaltigung beschuldigte und die Anschuldigungen immer abstruser wurden, ließ die Staatsanwaltschaft sie begutachten. Der beauftragte Psychologe diagnostizierte bei der Tochter 2009 eine Persönlichkeitsstörung. Erst jedoch als Johann Schwenn auf den Fall aufmerksam wurde und die Wiederaufnahme des Verfahrens durchsetzte, wurde Becker 2012 nachträglich freigesprochen.[7]
  • 2004 wurde Thilo H. mit dem Tatvorwurf Vergewaltigung vom Landgericht Frankfurt (Oder) zu einer Haftstrafe verurteilt. Er verbüßte 3 Jahre. 2008 wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren vom Landgericht Potsdam freigesprochen, nachdem das angebliche Opfer zugegeben hatte, die Geschichte und den Tatvorwurf frei erfunden zu haben.[7]
  • 2004 behauptete eine Tochter, von ihrem Vater und dessen Bekannten W. im Alter von 15 Jahren gefoltert und vergewaltigt worden zu sein. Beide wurden vom LG Hannover verurteilt. Im Wiederaufnahmeverfahren erfolgte ein Freispruch, nachdem sich die Unglaubwürdigkeit des angeblichen Opfers herausgestellt hatte. Die Verteidigung wirft der Staatsanwaltschaft vor, entlastendes Material verschwiegen zu haben.[8]
  • Klaus Dieter Overbeck wurde mit dem Tatvorwurf Vergewaltigung vom Landgericht Göttingen zu 3,5 Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde in der Revision aufgehoben und es erfolgte schließlich der Freispruch.[7]
  • 2007 wurde Peter Böttcher mit dem Tatvorwurf Vergewaltigung vom Gericht in Halle (Saale) zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.[7]
  • 2009 saß Jost Mayer mit dem Tatvorwurf Vergewaltigung in Stuttgart 77 Tage in Untersuchungshaft.[7]
  • 2007 wurde ein achtfacher Familienvater von seiner Ehefrau beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. B. gestand die Tat, um einer längeren Haftstrafe zu entgehen und wurde daraufhin vom LG Darmstadt zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Entlassung kehrte er mit dieser einvernehmlich zu seiner Frau zurück, die ihn gleich wieder wegen Vergewaltigung anzeigte. B. wurde deshalb 2019 erneut verurteilt, diesmal zu 4 Jahren und 3 Monaten Haft. In einem vom Berliner Rechtsanwalt Hartmut Lierow erfolgreich betriebenen Wiederaufnahmeverfahren stellte sich heraus, dass die Ehefrau in beiden Fällen ihren Ehemann falsch beschuldigt hatte.[8]

Justizirrtümer im Ausland

Beispiele von Justizirrtümer im Ausland:

  • Schweiz: 1926 wurde der Arzt Max Paul Theodor Riedel (1892–1955)[1] und seine Geliebte, die Musikerin Antonia Guala in Burgdorf wegen Giftmords an Riedels Ehefrau mittels Arsenik zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach 5 Jahren Haft wurden 1931 beide freigesprochen und für das Fehlurteil entschädigt. Der Fall ging international durch die Presse, galt als Paradefall dafür, wie leicht ein Suizid für einen Mord gehalten werden kann, und bot Stoff für literarische Werke.[9]
  • USA: 1985 sprach eine Jury in Florida Robert DuBoise schuldig, ein Richter verhängt zunächst die Todesstrafe. 1988 wandelt der Supreme Court des Bundesstaates das Strafmaß in lebenslange Haft um. Nach 37 Jahren kam DuBoise wieder frei, mittlerweile 55. Er saß 2/3 seines Lebens unschuldig hinter Gittern. Ein lokaler Zahnarzt identifizierte eine Verletzung an Grams' Wange als Biss, ein anderer Experte stellte fest, dass DuBoise derjenige gewesen sein müsse, der dem Opfer die Wunde zugefügt habe. Zusätzlich behauptete vor Gericht ein Gefängnisinformant, dass der Angeklagte die Tat ihm gegenüber eingeräumt habe.
    Dem Innocence Project, eine Initiative zur Aufdeckung von Justizirrtümern, kam der Zufall und moderne Ermittlungstechniken zur Hilfe. Eine nachträgliche Untersuchung des an der Leiche von Grams gesicherten DNA-Materials belegte dann das, was DuBoise immer gesagt hatte: Er war nicht der Täter.[10]
  • 'USA: Am Abend des 19.04.1989 war die damals 28-jährige Trisha Meili zum Joggen im Central Park in Manhattan, als sie brutal niedergeschlagen und in der Folge vergewaltigt und fast zu Tode geprügelt wurde. Um 01:30 Uhr, etwa vier Stunden nach der Tat, wurde das schwerverletzte und bewusstlose Opfer geknebelt und mit Blut überströmt aufgefunden. Meili lag zwölf Tage im Koma, und die Ärzte im Metropolitan Hospital gaben ihr keine Überlebenschance. Sie hatte u. a. schwere innere Blutungen, einen Schädelbruch, mehrere Frakturen im Gesicht, schwere Hirnschäden und verlor ein Auge. Sie verbrachte über 6 Monate in Kliniken und hat bis heute keine Erinnerung an die Tat. Als Täter wurden die Latein- und Afroamerikaner Yusef Salaam, Antron McCray, Raymond Santana, Kevin Richardson und Korey Wise, alle zwischen 14 und 16 Jahren, festgenommen. Vier von ihnen gestanden die Tat zunächst, zogen ihre Geständnisse später aber wieder zurück. Aufgrund manipulativer Verhöre und des massiven Ausübens von Druck seitens der Polizei seien sie zu den Geständnissen genötigt worden. Trotzdem und trotz fehlender Beweise wurden sie zu Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren verurteilt, der jeweils aufgrund des Alters möglichen Höchststrafe, die sie größtenteils absaßen. Im Jahr 2002 gestand der Serienvergewaltiger und Mörder Matias Reyes, der eine lebenslange Haftstrafe verbüßte, den Angriff und die Vergewaltigung von Trisha Meili. Er bestätigte somit die Unschuld der Central Park Five. Den fünf jungen Männern wurde für ihre unschuldig verbüßten Haftstrafen eine der höchsten Entschädigungssummen gezahlt, die jemals in den Vereinigten Staaten zugesprochen wurde, zusammen mehr als 40 Mio. USD.[11]
  • China: 1994 wurde der 21-jährige Bauer Nie Shubin aus der Provinz Hebei wegen Vergewaltigung und Mord zum Tode verurteilt worden. Ein halbes Jahr später wurde er hingerichtet. 10 Jahre später gestand der wirkliche Mörder W. die Tat samt 3 weiteren Morden.[8]
  • China: 1996 wurde der wegen Mordes und Vergewaltigung hingerichteter 18-jährige H. rehabilitiert, nachdem ein anderer Mann die Tat gestanden hatte.[8]
  • Spanien: 1995 wurde ein schielender Spanier wegen Vergewaltigung verhaftet und zu 36 Jahren Haft verurteilt worden. Das Opfer hatte den Mann seinetzeit wegen dessen schielenden Auges identifiziert. 2007 wurde jedoch ein ebenfalls schielender Vergewaltiger gefasst, der nach einem DNA-Abgleich nun als der tatsächliche Täter überführt werden konnte. 2008 wurde der unschuldig Verurteilte aus der Haft entlassen.[4]
  • Dänemark: Nachdem ein wegen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin verurteilter Mann eine Haftstrafe verbüßt hat, gesteht die Ex-Freundin die Falschbeschuldigung.[8]


Sonstiges


Anhang

Anmerkungen

  1. Sabine Rückert schrieb hierzu:
    Ich machte mich auf die Suche und stieß bald auf eine Justizkatastrophe, die durch Dilettantismus und verbissenen Glaubenseifer angerichtet worden war. Als ich die Recherche abgeschlossen hatte, war ich sicher, dass beide Männer vermeidbaren Fehlurteilen zum Opfer gefallen waren. Sie waren die Opfer einer inkompetenten Kriminalpolizei, einer blindwütigen Staatsanwaltschaft, einer emotional ergriffenen Glaubwürdigkeitsgutachterin und einer unbeirrt auf Verurteilungskurs liegenden Strafkammer des Landgerichts Osnabrück geworden. Die Hauptbelastungszeugin hatte sämtliche Vergewaltigungen erlogen, da war ich mir ganz sicher. Und sie war in ihren Falschbeschuldigungen von einem Unterstützerkreis angeblich wohlmeinender Personen bestärkt worden, der sie mit gewissenlosen Methoden in der Rolle eines Vergewaltigungsopfers stabilisierte. Deshalb war in meinem Artikel von Anfang an von einem Justizirrtum die Rede – Justizirrtum ohne Fragezeichen.

Einzelnachweise