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Padre José Wasensteiner, SAC
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Pfarrer der Pfarrei São Raimundo, Codó - MA
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Aktuelle Version vom 3. November 2018, 08:58 Uhr

Das Chaos der Präsidentschaftswahlen in Brasilien 2018
und die verheerenden Folgen für uns als Kirche an der Basis

Am 7. Oktober wurde das brasilianische Volk an die Urnen zu den Wahlen gerufen. Es sollte den zukünfitgen Präsidenten wählen, der für vier Jahre das Land regieren wird. Das Ergebnis liess keinen als Gewinner hervorgehen. Es kam zur Stichwahl zwei Wochen später. Mit 55% wurde am 21. Oktober 2018 der 63 jährige Jair Messias Bolsonaro, italienischer Abstammung zum neuen Staatsoberhaupt des fünftgrössten Landes der Erde gewählt.

Wer ist dieser Mann?

Er selbst bezeichnet sich gerne als “Trump Brasiliens”. Aber das ist zu harmlos. Der ultraextremrechte Politiker wird häufig mit dem grausamen Staatschef Pinochet verglichen, der unter der Militärdiktatur Chiles tausende Regimegegner foltern und töten liess. Viele Stimmen vergleichen ihn auch mit Hitler, da seine Reden demagogisch emotional ausgerichtet sind, eigentlich ohne Inhalt, und von Lügen und Vorurteilen gespickt. Hat doch auch Bolsonaro in Anlehnung an ein Hitlerzitat, den Nationalismus überbetont, wenn er ausruft, “Brasilien, Brasilien über alles….”. Eine andere Äusserung, die an hitlerische Worte und Praktiken erinnert, macht noch bedenklicher: Wenn er die Macht übernehmen wird, so Bolsonaro, wird erst mal eine noch nie in Brasilien dagewesene Säuberungsaktion stattfinden….

Der Hauptmann der Reserve wurde in den 80er Jahren auf Grund terroristischer Aktionen aus der Armee entlassen. Er drohte in einer Kaserne Bomben zu zünden und eine Wasserpipeline in die Luft zu sprengen, wenn die Regierung seinen Lohn nicht um mindenstens 60% erhöhen würde. Anschliesend vesuchte er sein Glück in der Politik, - mit Erfolg.

Der katholisch getaufte und im Jahre 2016 im Jordan von einem pfingstkirchlichen Pastor wiedergetaufte Bolsonaro nimmt kein Blatt vor den Mund. In seinen Auftritten verteidigt er die Folter als legitimes Mittel, ist für die Wiedereinführung der Todesstrafe, sagt, ein guter Bandit ist ein toter Bandit, macht Werbung für Waffen im Fernsehen, sagt, dass man jede Familie mit einer Waffe ausstatten muss, verteidigt die Militärdiktatur (übrigens ist sein Vize ein General der Armee), ist für Militarisierung und Aufrüstung, in seiner rassistischen Ideologie bezeichnet er die Schwarzen als Tiere, vertritt, dass er jeden Zentimeter der Indianergebiete, die zwar in der Verfassung von 1988 als ihre Eigentumsrechte garantiert, aber in Wirklichkeit nie in die Realität umgesetzt wurden, wieder in staatliches Eigentum überführen will, ist frauenfeindlich (bezeichnet nach der Geburt von vier Söhnen als fünftes Kind die Geburt seiner Tochter als “Ausrutscher” und ist der Meinung, dass Frauen weniger verdienen sollen als Männer, da sie ja weniger arbeiten. Einer Jornalistin, die unbequeme Fragen stellt, antwortet er, dass sie es nicht wert sei, von ihm vergewaltigt zu werden…). Schliesslich will er zudem die sozialen Errungenschaften der letzten Jahre für die Armen, Arbeiter (Arbeitsschutz) und Frauen (Mutterschaftsurlaub u.a.) wieder rückgängig machen, das Land privatisieren, den Amazonas für den unkontrollierten Holzhandel und Weideland sowie grossangelegte Monokulturen öffnen (die Lunge der Welt wird eine Lungenentzündung erleiden!!), Homosexuelle sollen erschossen werden usw. Wenn einer seiner Söhne sich als homosexuell entpuppte, würde er, Bolsonaro, es vorziehen, dass er sterbe, sagte er. Und wenn einer seiner Söhne sich in eine schwarze Frau verliebte, wie würde er reagieren? Das käme nicht vor, antwortet Bolsonaro lächelnd, meine Söhne haben eine gute Erziehung in einer guten Familie genossen. Da er ein so demagogisches Wesen hat und sich in öffentlichen Gesprächen und Debatten nicht kontrollieren kann, ausfällig wird, rieten ihm seine Berater, an keiner öffentlichen Debatte unter den Kandidaten mehr teilzunehmen, woran er sich auch hielt. Einer seiner Söhne liess bereits verlauten, dass Bolsonaro den Kongress ausser Kraft setzen werde, um im Ausnahmezustand seine Ideen durchzusetzen. Solche Praktiken kennen wir ja bereits genügend in totalitären Regimen.

Letztlich ist Bolsonaro eine Marionette, die von den mächtigen Hintermännern, der nationalen und internationalen Interessen des Kapitals vorgeschoben wurde.

Die Ideen, Aussagen und Praktiken Bolsonaros stehen diametral im Gegensatz zum Evangelium Jesu Christi, der aller Gewalt und Waffen eine klare Absage erteilte und den Frieden um jeden Preis predigte, der als Frucht von Freiheit, Würde, Respekt, Liebe und Gerechtigkeit sich entwickelt. Leben für alle, Einschluss aller in die Heilsbotsdchaft predigte und praktizierte, und mit Geduld und Barmherzigkeit sich allen zuwandte, vor allem den Armen, Benachteiligten und Ausgestossenen. Mit Gewalt wird man niemals die Gewalt bekämpfen können. Man muss die Probleme der Gewalt an den Wurzeln angehen: soziale Ungleichheit, Perspektivlosigkeit der Jugend, Arbeitslosigkeit, Hunger, Korruption in einem reichen Land, fehlende Bildungschancen, das öffentliche Gesundheitswesen ist kaputt etc. Diese krassen Probleme müssen mittels Reformen umgesetzt werden, um die Gewalt im Land zu dezimieren und ein würdigeres Leben einer breiteren Mehrheit zu ermöglichen.

Deshalb verfasste die Brasilianische Bischofskonferenz wiederholt Aufrufe und Rundschreiben, in denen sie die Katholiken bat, die Kandidaten und ihre Wahlprogramme vom Evangelium her zu beurteilen, und im Namen der Demokratie den besseren Vertreter zu wählen. Daraufhin hat Bolsonaro die Bischöfe als “Vagabunden” und “verfaulte Bande der Kirche” beschimpft.

Aber wie war es nur möglich, dass dieser Kandidat schliesslich von der Mehrheit der Brasilianer gewählt wurde? Mehrere Faktoren spielten mit (vergleiche die 30er Jahre in Deutschland):

Faktoren, die die Wahl Bolsonaros begünstigten:

Die brasilianische Wirtschaftskrise unter Temer führte zu einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit und folglich zu mehr Armut. Eine steigende Unzufriedenheit in weiten Kreisen der Bevölkerung, mit verursacht von Politikern der führenden Arbeiterpartei, die in Korruptionsskandale verwickelt waren, liessen den Schrei nach einem starken Mann, ja nach einem “Erlöser” immer lauter werden. Die schlagkräftigen und plakativen Parolen, die einfache Lösungen vorgaukelten, und versprachen, wieder Ordnung im Land zu schaffen,waren da wie Wasser auf die Mühlen.

Die Mittel- und Oberschicht will nicht akzeptieren, dass die Unterschicht immer mehr in die ihnen reservierten Bereiche eintritt: Programme für Arme, um an der Universität zu studieren. Arme können Kredite aufnehmen und ihr Haus, Motorrad oder Auto finanzieren, Sondertarife ermöglichen es Armen, mit dem Flugzeug zu reisen usw. Eine Unzufriedenheit, die ihre Wurzeln in einem versteckten Rassismus und den Wunsch nach der Aufrechterhaltung einer Klassengesellschaft hat, wo der Obere oben und der Untere unten, jeder an seinem Platz bleibt.

Und schliesslich ist die ganze Unternehmerklasse unzufrieden, da die Arbeiter immer mehr Rechte bekommen und die Steuern und Abgaben für sie zunehmen. Nach zehn Jahren Regierung der Mitte-links ausgerichteten Arbeiterpartei muss das ganze nun ein Ende haben. Aber wie? Der satanische Plan, die Arbeiterpartei, die Millionen Brasilianern zu mehr Würde und mehr Leben verholfen hat, auszuschalten, wird nun in die Tat umgesetzt.

Der Putsch begann im Jahre 2016 mit dem undemokratischen Sturz der demokratischen Präsidentin Dilma Rousseff aus der Arbeiterpartei, Wunschkandidatin und Nachfolgerin von Lula. Obwohl man ihr bis heute keine Vergehen nachweisen konnte, musste sie von der politischen Bildfläche verschwinden. Ihr Nachfolger, der Vizepräsident Michel Temer, stark rechts angesiedelt und am Sturz von Dilma beteiligt, kann sich in seinen unpopulären Massnahmen, drastischen Kürzungen des Sozialhaushalts und Einfrieren der staatlichen Mittel für Gesundheit und Erziehung nur durch Schmiergelder in Millionenhöhe an der Macht halten. Wurde Dilma wegen Korruptionsverdacht abgesägt, so werden jetzt unter ihrem Nachfolger Temer täglich unglaubliche Korruptionsskandale publik. Ein “vorgesetzter” Herrscher, weder vom Volk gewählt, noch gewollt, mit einer Ablehnungsquote von fast 80%. Dem Ex-Staatspräsidenten Lula, ein charismatischer Führer, der zuerst jahrelang Gewerkschaftsführer der grössten Gewerkschaft der Metaller war, und unter der brasilianischen Miltärdiktatur gefoltert und gefangen war, wird nun der Prozess gemacht. Der erste brasilianische Präsident aus dem Volk, der auch für das Volk regierte. Nach vier Jahren als Präsident, in denen er das Land mittels unzähliger Sozialreformen in eine bessere Zukunft führte, wurde er mit überwältigender Mehrheit für weitere vier Jahre wiedergewählt. Er brach Tabus und Barrieren zwischen den Klassen, brachte den Armen neue Hoffnung durch neue Lebenschancen, wurde dann nach drei Jahren, nach dem Ende seiner Regierung eingesperrt. Angeklagt der Korruption, fehlen bis heute die Beweise. Seine Kandidatur für eine Wiederwahl bestand auch im Gefängnis weiter. Er hatte eine so grosse Akzeptanz, dass er mit überwiegender Mehrheit im ersten Wahlgang gewählt werden würde. Im Gefängnis gewann er sogar noch an Popularität. Doch einen Monat vor den Wahlen verbietet ihm die Justiz seine Kandidatur. Ein Ersatzkandidat musste auf die Schnelle vorbereitet werden. Dieser, ein völlig Unbekannter, dessen Name Fernando Haddad ist, gewinnt trotzdem rasch viel Sympathie und ist beim ersten Wahlgang der mit den meisten Stimmen nach Bolsonaro. 14 Tage später gehen Haddad und Bolsonaro in die Stichwahl. Aber die Gegner des demokratisch-sozialen Kurses setzen noch auf andere Mittel:

Hetzkampagnen laufen an: alles was menschenfreundlich und human ist, und irgendwie den Geruch einer Sympathie mit der Arbeiterpartei ahnen lässt, wird plötzlich als kommunistisch verurteilt. Bischöfe, Priester, ja wer auch immer. Dilma und Lula werden als die schlimmsten Staatsfeinde klassizifiziert, die Brasilien an den Rand des Abgrunds brachten, Angstmache wird verbreitet, dass Brasilien zum Venezuela des Südens würde, wenn der Sozialismus gewinnen sollte….. Nicht nur der geschichtliche Hintergrund ähnelt dem der 30er Jahre in Deutschland, als die Angst gross war vor dem kommunistischen System, wie er sich in Russland etabliert hatte. Auch die Parolen ähneln stark denen Hiltlers und der hiesigen Miltärdiktatur in Brasilien vor einem halben Jahrhundert. Die Medien Facebook und WhatsApp werden mit Paketen von Falschmeldungen überschwemmt, die nachgewiesenerweise von Firmen und Unternehmen mit über zwei Millionen Euro finanziert wurden. Meldungen wie, dass die Arbeiterpartei in der Sexualerziehung in den Schulen gleichgeschlechtliche Freundschaften lehren würde, die Ideologie der Arten, das heisst, dass jeder Neugeborene selbst sein Geschlecht aussuchen dürfte, und für die Abtreibung sei. Der oberste Gerichtshof verbot 35 dieser Falschmeldungen am Vorabend der Wahlen. Aber da konnnte den Falschmeldungen und Gerüchten kein Einhalt mehr geboten werden, es war es schon zu spät. Bestraft wurde niemand, auch wenn verschiedene Parteien beantragten, dass die Kandidatur Bolsonaros annuliert werden sollte, da die Indizien stark dafür sprachen, dass er und seine Partei dahinterstanden. Nun, viele Familien wurden unsicher, hinsichtlich der Falschmeldungen, in ihrer strengen moralischen Erziehung wollten sie solchen moralischen Schmutz ihren Kindern nicht zumuten. Bolsonaro hat genau ins Schwarze getroffen. Hinzu kommt, dass er und seine Partei in ihren Wahlprogrammen die Werte der Familie verteidigten, wobei, wer nicht nur blind den Parolen und Versprechungen Bolsonarios geglaubt hat, sondern auch mal hinter die Fassade des ehmaligen Falschirmjägers geschaut hätte, sein Schauspiel hätte durchblicken können, ja sogar müssen. Denn Bolsonaro lebt in seiner dritten Ehe mit einer Frau, die vom Alter her seine Tochter sein könnte. Seine erste Frau hat ihn verlassen, als seine aussereheliche Geliebte ein Kind von ihm erwartete. Seine zweite Ehe scheiterte an seiner Gewalttätigkeit und Aggressivität. Im Gegensatz lebt sein politischer Gegner Haddad seit über dreissig Jahre harmonisch in erster Ehe und hätte viel mehr moralische Autorität, über Werte der Familie zu sprechen, da er sie auch lebt.

Und schliesslich dürfen wir die Medienkirche Brasiliens nicht unterschätzen. Die katholische Kirche der Medien, nahestehend den neuen protestantischen Pfingstkirchen in ihrer Form der Zelebrationen und Predigten, ist sehr moralistisch orientiert, überbewertet in ihren Programmen liturgische Regeln , hält schöne Messen, predigt vor allem über die Werte der Familie. Die Fernsehpriester standen vereint hinter Bolsonaro und haben ihn immer wieder als ihren Kandidaten, in der Öffentlichkeit und ihren Messen angepriesen. Da diese “spirtiuellen” Impulse in fast alle Haushalte Brasiliens gut ankommen, während die besorgniserregenden Mahnungen der Bischöfe eigentlich nur in den Kirchen zu hören sind (wenn überhaupt!!), ist es nur zu verständlich, dass ein Grossteil, auch der Katholiken und nicht nur der Protestanten, ihren “Pastoren” folgen. Leider Gottes überhören sie das Wort der Bischöfe und des Papstes, der sich ja für ein Ende der Waffengewalt und die Verteidigung der Biodiversität im Amazonas stark machte, inklusive in der Einberufung einer Panamerika-Synode des Amazonas mit den Teilnehmern der neun direkt betroffenen Ländern für Oktober nächstes Jahr, sondern hören nur auf ihre Fernsehidole in Kalkleiste und teuren Messgewändern, die, wie Jesus sagt, aus Moskitos Elefanten machen und umgekehrt. Konkret, Homosexualität zum grössten Skandal hochstilisieren, aber zu Folter und Todesstrafe, sowie Entziehung der Lebensrechte der Indianer und Familien auf dem Land durch Landvertreibungen schweigen.

Und letztlich hat der Brasilianer eine Mentalität, dass er , wenn er sich einmal eine Meinung gebildet hat, diese nur schwer wieder ändert und sich vom Gegenteil überzeugen last, dass er zufrieden ist, wenn “sein” Kandidat gewinnt, das heisst, viele wählen den, von dem sie glauben, dass er gewinnen wird. Alle Gegenargumente jetzt werden als “Falschmeldungen” und Diffamierungen ausgelegt, dass man dem anderen seien Kandidaten nicht “gönnen” würde.

Trotzdem: Im ganzen Nordosten Brasiliens und einigen Bundesstaaten des Nordens hat Haddad, der Kandidat der Arbeiterpastei gewonnen, in Maranhão sogar mit einem weiten Vorsprung von 72%. So gesehen gibt es eigentlich zwei Brasilien: Den reicheren und von seiner Geschichte her geprägten europäischen Süden, mit Einwanderen vor allem aus Italien und Deutschland, und den armen Nordosten mit überwiegend inidianischem und afrikanischem Einschlag aus der Sklavenzeit. Der Süden kann es nur schwer ertragen, dass viele staatliche Gelder unter der Arbeiterpartei in die Entwicklung des Nordostens investiert wurden, wie zum Beispiel Wasserzisternen und Agrarprojekte für die traditionelle Familienwirtschaft auf dem Land. Die Menschen im Süden sind der Meinung, dass es der “dumme” Nordosten ist, der noch nicht aufgewacht sei, um den Fortschritt zu wählen. Ich / wir glauben, dass der Nordosten eine zukunftsorientiertere Sicht hat und sich an all den sozialen Fortschritt erinnert, der mit der Abreiterpartei Lula und Dilma gekommen ist. Bolsonaro hat sich durch das Wahlergebnis im Nordosten wohl in seiner Würde getroffen gefühlt. Da er ja nicht sachlich argumentieren kann, hat er im Fernsehen den Nordestinos einen Büschel Gras gezeigt, den, sie, so wurde die Botschaft verstanden, die Esel fressen sollen.

Nun, die ersten Massnahmen Bolsonaros haben schon begonnen: er hat seine Minister berufen, ein Grossteil von ihnen mit Korruptionsprozessen und Steuerhinterziehungen in Millionenhöhen auf dem Hals, zum Teil verurteilt und sogar schon im Gefängnis eingesperrt, oder in Freiheit das Urteil abwartend. Ironie des Schicksals: Zum Justizminister wurde der Richter berufen, der Lula eingesperrt und verurteilt hat.

Waffenbesitz wird das erste Projekt des neuen Präsidentern sein (damit die Armen sich gegenseitig töten können, Anmerkung der Readaktion). Als nächstes wird gleich die Reform der Kranken- Renten- und Arbeitsgesetze drankommen….

Die Gewalt fanatischer Bolsonaroanhänger hat bereits einige Todesopfer unter Haddad-Anhängern, sowie unter Homosexuellen gefordert. Eine junge Frau, die sich gegen Bolsonaro ausgesprochen hat, wurde von jungen Männern zusammengeschlagen und auf ihren Bauch mit einem Messer ein Hakenkreuz geritzt….. Viele Bolsonarowähler zeigen sich bereits reuig, den falschen gewählt zu haben. Unschuldig waren sie nicht, Warnungen haben nicht gefehlt….

Folgen und Konsquenzen für uns als Kirche an der Basis unter dem Volk: Sicher werden wir in nächster Zeit mit Bespitzelungen, Kontrollen, Schikanen, Sanktionen und Verachtungen rechnen müssen, wir und die Kirche die auf der Seite der Armen steht, inklusive die Brasilianische Bischofskonferenz, der ich meine Hochachtung ausspreche. Aber das ist das wenigste, damit muss jeder rechnen, der sich für Christus in den Armen entscheidet. Es werden schwierige Zeiten für uns als Basiskirche, vor allem hier im Nordosten anbrechen.

Besorgniserregender ist: Was tun, wenn die Masse der Arbeitslosen, die schnell immer grösser werden wird, jetzt auch noch ohne jede anderen Einkünfte, ohne Sozialgelder, wie z. B. Kindergeld an die Kirchentür klopfen wird und um Essen bettelt? Wie reagieren auf die bängstigend schnell wachsende Masse der Ausgeschlossenen, der Übriggebliebenen, wie sie hier genannt werden, die Neu-Verarmten, die doch alle Kinder Gottes sind und wie wir leben möchten? Wohin mit den unzähligen Landarbeitern, die seit Jahrhunderten auf ihrem Land wohnen, aber als Analphabeten keinerlei Dokumente haben und jetzt von der Vertreibung durch gewinngierige Unternehmen betroffen sein werden? Stand die Regierung bis jetzt mehr auf der Seite der Ärmeren, und konnten wir unter jahrelangen Prozessen unsere Landarbeiter auf ihrem Land halten, so wird dies jetzt unheimlich schwierig, ja unmöglich werden. Und wenn jetzt, laut neuer Präsident, die Waffen sprechen dürfen, dann haben wir eh schon verloren.

Wie werden (willkürlich) im Gefängnis Eingesperrte (inklusive unser ehemaliger Staatspräsident Lula) fühlen und behandelt werden, wenn ab jetzt Folter und Todesstrafe als legitime Strafmittel laut unseres neuen Staatsdiktators angewendet werden dürfen?

Wie leben und wie reagieren in einer Kirche, in der ein Grossteil der Katholiken die Ratschläge des Papstes und der Bischöfe in den Wind schlägt, und, warum auch immer, einen Diktator gewählt hat, aber jeden Tag treu für Papst und Bischöfe und deren Anliegen betet?

Als Kirche Christi kann unsere Option keine andere als die unseres Meisters sein: Leben für alle, vor allem der Benachteiligten, das Leben der Armen zu verteidigen, ihre Würde zu fördern, sie zu schätzen, selbst um den Preis, wieder eine Martyrerkirche zu werden. Integrale Entwicklung zu mehr Leben für alle, auch unseres Planeten, der sich in grösster Gefahr befindet, von Egoismus und Konsumismus bedroht, für immer zerstört zu werden. Und wir mit ihm. Der Weg kann nur der Weg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe sein, den wir in aller Demut und Einfachheit konsequent unter Opfern gehen werden, in der Sicherheit und Erfahrung, dass ER ihn mit uns geht.

Codó, 1. November 2018

Padre José Wasensteiner, SAC Pfarrer der Pfarrei São Raimundo, Codó - MA

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